wieso ich vielleicht der kopf einer terroristische zelle bin - aber nur vielleicht!
ich sag's gleich: ich habe einen fehler gemacht. und zwar einen großen! einen so großen, daß ich meine wissenschaftliche karriere wegen des vorwurf des sympathisantentums an den nagel hängen kann und zwar exakt an den sargnagel der revolution und das kam so:
nachdem ich zwei stunden lang versucht hatte, mir die namen meiner studenten anhand ins auge stechender körperlicher
ich hatte mich kaum zwei meter aus dem dunstkreis des unwissens fortbewegt, als der angriff hinterrücks meinen vom leid gekrümmten buckel streichelte: "frau lesof, wir haben da mal ne frage wegen dem referat zur nächsten woche".
"da mal ne frage" haben bedeutet bei erstsemestern meistens eine mindestens halbstündige eins-zu-eins-betreuung, in diesem fall rechnete ich sogar unbedeutend mehr zeit ein, denn augenscheinlich hatte ich sie mit hilfe des genitiv-hammers noch in die deutsche grammatik einzuweisen. da ich außerdem noch ganz dringendst mal aufs klo mußte, kürte ich die beiden grazien entnervt zu meinen persönlichen favoriten in sachen "who is the most sackgängige student in this semester" - ein weitverbreitetes dozentenhobby, welches jedes semester aufs neue ein königliches amüsement verspricht und intern mit dem zuschustern von mindestens zwei guten tutoren belohnt wird.
wie dem auch immer sei - ich hatte hinsichtlich dieser dummen unsitte der "lehrkörperevaluation" keine wahl, bat die damen ins büro, bot schokolade an und gab mich geduldig bis aufmerksam. wenn nicht gar interessiert.
nachdem ich ihnen unter mehrmaliger richtiger verwendung des genitives ihr referat zu nächster woche vorerzählt und sie mit ausreichend literatur aus meinem privatbesitz versorgt hatte, entließ ich sie mit dem sicheren gefühl, nächste woche selbst alles noch mal richtig darstellen zu müssen ins wohlverdiente wochenende und begab mich selbst in richtung toilette.
und da passierte es:
an einer durchgangstür war ein a4 großer zettel mit dem polizeisternchen geheftet. ich blieb stehen, interessierte mich doch schließlich, wozu die polizei denn hier aufrief. vielleicht dazu, daß sich die studenten nicht mehr gegenseitig in der bibliothek den laptop klauen? möglicherweise waren dort aber auch tips dazu, wie man sein fahrrad länger als ein semester mit allen orginalteilen behalten kann? oder die polizei klärte über die unvereinbarkeit von regelmäßigem drogenkonsum und erfolgreichem studium auf?
weit gefehlt, lieber leser, denn was die polizei da wollte, war etwas ganz anderes. es habe mehrere brandanschläge der linksextremen "millitanten gruppierungen" auf fahrzeuge der bundeswehr gegeben und der gute bürger sei nun aufgerufen, ganz besonders auf gesinnungstextilien tragende menschen, menschen mit dem vermögen zum bekennerschreiben verfassen und ausleiher von maoistischer/trotzkistischer literatur aus der bibliothek zu achten und selbige unter angegebener telefonnummer
ich nahm den zettel mit, weil ich mir so dachte: "den kannste in dein seminar einbauen" und marschierte mit meinem fundstück ins kollegenbüro. dort stellten wir fest, daß wir alle auf dem zettel angegebenen kriterien 1a erfüllten und auch die strafrechtlichen voraussetzungen zur bildung einer terroristischen vereinigung vorhanden waren, denn wir waren zu dritt. aufgrund des themas meiner doktorarbeit wurde ich einstimmig zum kopf der zelle gewählt, denn ich verfüge nicht nur über das intellektuelle vermögen, bekennerschreiben zu verfassen und leihe mir in regelmäßigen abständen maoistische und trotzkistische literatur zu "arbeitszwecken" aus, nein, ich nenne auch mehrere gesinnungstextilien wie schwarze sonnenbrillen, schwarze rippstrickmützen, schwarze stiefel, schwarze pullover, schwarze socken, schwarze hosen und schwarze unterwäsche mein eigen. desweiteren kann ich den text der "internationale" auswendig, weiß wann luxemburg und liebknecht ermordet wurden, finde nazis doof und beklebe meine archivierordner gesammelter bekennerschreiben mit dem raf-stern.
wir lehnten uns zurück und tranken auf die wahl eine herrliche tasse kommunistisch getradeten kaffee aus cuba. danach trennten wir uns mit dem einvernehmlichen vorhaben, weitere zellen quer durch die stadt aufzubauen.
insofern wunderte mich auch der kollegenanruf auf meinem konspirativen handy nicht. es konnte ja nur um DIE sache gehen, denn warum sonst sollte er mich als kollege auf meiner privat-privat nummer anrufen.
"hallo lesof, hier ist k...." wisperte es aus der leitung "...es ist etwas passiert!"
wir waren aufgeflogen! einen tag nachdem ich den zettel abgemacht und wir eine terroristische zelle gegründet hatten, marschierte das LKA in zivil im kollegenbüro ein und konfiszierte den zettel, um von diesem wiederum fingerabdrücke zu nehmen. der/die verfasser des schriebs war natürlich nicht die polizei, sondern keine ahnung wer, der/die sich jetzt der amtsanmaßung strafbar gemacht haben. da aber niemand jemanden beim aushängen/verteilen gesehen hat, müssen jetzt so viele zettel wie möglich eingesammelt und auf wiederkehrende fingerabdrücke untersucht werden. und genau hier liegt das problem.
die fingerabdrücke der lieben lesof sind nämlich wegen einer unbedeutenden sache vor 12,13 jahren unter der kategorie "linksextremistisches sympathisantentum" irgendwo gespeichert und sie hofft inständig, daß entweder
a) die verfallsdauer von archivierten sachen schon überschritten ist und ich gelöscht wurde. schließlich bin ich danach nicht wieder auffällig geworden.
b) die bullen zu blöd sind, querverbindungen zwischen pseudospießigem uni-personal und deren vorleben anhand von fingerabdrücken überhaupt zu checken. also nicht jeden abdruck pro forma irgendwo eingeben
c) das alles nur ein schlechter scherz meines kollgen ist, der neidisch darauf ist, daß er nicht zellen-chef geworden ist
d) ich der polizei, selbst wenns ganz doof läuft und die mich einladen, trotz fingerabdrücken verklickern kann, daß der zettel nicht auf meinem mist gewachsen ist und ich mich wirklich nur aus wissenschaftlichen gründen mit der raf und linksmilitanten gruppierungen beschäftige.
ps: sollte mir jemand an dieser stelle anbieten, mich im falle einer verfolgung bei sich aufzunehmen, wär ich sehr dankbar. ich benehm mich unauffällig - versprochen - und zieh auf jeden fall handschuhe an! da ich nun leider kein eigenes geld mehr verdienen kann, habe ich vor, alles was ich weiß dem "spiegel" zu erzählen. konspirativ versteht sich und gegen geld. ansonsten, lieber leser, tauche ich in fünf jahren wieder auf. bis dahin ist der straftabestand "bildung und unterstützunge einer kriminellen vereinigung" verjährt. sie sehen mich dann in diversen talkshow wieder. bis dahin,
revolutionäre grüße
pps. ich wollte nur mitteilen, daß ich über den uni-server poste...
lesof - 26. Okt, 10:20
edit: ich hab dich vorhin der thulb beim austausch von schriftstücken gesehen. ich wollt´s nur gesagt haben. wenn die mich dran kriegen, dann lenk ich so den verdacht auf dich!!!
Ich bin nunmal schneller als dein schatten, schreib dir das hinter deine hübschen ohren :D.