Männersofas und Frauensessel
Ich imaginiere gern. Das ist eines meiner großen Hobbies. Zum Beispiel stelle ich mir häufig vor, wie es denn wäre, den sehr alten und sehr klapprigen Herrn Lesof fürs Fernbeziehungswochenende vom Bahnhof abzuholen. Ich würde in heißer Erwartung, "Mutti" genannt zu werden, mit meinem Rollator auf ihn zu stürmen, während er - eines Prostataleidens anhängig - ganz schnell mal aufs Klo der Bahnhofsmission muß: Weils da immer so sauber ist und die immer so nett sind. SO oder so ähnlich harmonisch könnte es aussehen, hätten wir nicht beschlossen, irgendwann bald mal zusammen in EINER Stadt zu leben. "Irgendwann" und "bald" sind dehnbare Begriffe und nach einem gemeinsamen Besuch im schwedischen Möbelhaus weiß ich, daß "irgendwann" und "bald" erst dann gekommen sind, wenn ich den letzten Rest "Single-Mann" in Herrn Lesof mit Landhausmöbeln totgeschlagen habe.
Ich fahre wirklich gern zu Ikea. Allein ich trage mindestens 95% des jährlichen Umsatzes und habe dafür von der Firmenleitung schon mehrere vergoldete Billy-Regale verliehen bekommen. Ich bin Premium-Kunde, liebe Freunde, und das nicht zuletzt auch, weil ich jeden Scheiß kaufe, Hauptsache, er ist in "birke", "ahorn" oder "antik". Mit anderen Worten, ich kaufe Frauenmöbel: hell, deko-fähig und kantenfrei.
Bisher nahm ich an, daß die anderen am Umsatz beteiligten 5% der Weltbevölkerung geschmacklich mit mir quasi in einem Poäng-Sessel sitzen. Was ich bei meinen Überlegungen und dem Besuch bei Ikea an sich allerdings nicht berücksichtig hatte, waren die Männer, die nicht nur mit zu Ikea fahren, weil das kaufrauschbeglückte Frauchen danach Liebe in der neuerstandenen Bettwäsche machen will.
Ich habe einen davon. So einen mit einem eigenen Geschmack und schlimmer noch, eigenen Einrichtungsvorstellungen, die sich - und ich wage es kaum zu sagen - noch nicht mal nur auf die Küche beziehen. Nein, Herr Lesof ist in der Lage, eine ganze Wohnung im Kopf beim Anblick eines einzigen Kleiderschrankes einzurichten. Farblich passend zum Schrank, versteht sich.
Dummerweise gehen unsere Vorstellungen bezüglich des Interiors unserer zukünftigen 4-Zimmer-Altbauwohnung etwas auseinander und das liegt nicht daran, daß so aus der Kalten heraus schwierig Aussagen über zu Parkett und Stuck passende Möbel zu machen sind.
Nein, der Grund ist geschlechterbedingt. Testosteron, liebe Leser, ist kein guter Einkausfberater!
Es fing schon beim Sofa an: Wie zur Hölle sollten sich meine "leinen"- und rattanverwöhnten Augen bitte an ein graues, kastenförmiges Riesenteil gewöhnen, dessen Sitzqualitäten stark an das Nagelbrett eines drittklassigen Jahrmarktfakirs erinnerten? Ich will mit Wollsocken, Gammelhose und einem guten Krimi auf dem Sofa lümmeln. Herr Lesof möchte auf dem Sofa sitzen und die "Zeit" lesen! In Jeans! Das Ding war so groß, das seine "Fründe" auch noch drauf Platz hätten - und zwar alle. Ich finde auch, man sollte ruhig an der Größe des Sofas sparen, wenn man dafür einen ausreichend aufnahmefähigen Kleiderschrank findet. Herr Lesof darf seine Sachen ruhig in meinem unterbringen, ein bis zwei Regalbretter würde ich ihm auch freiräumen, aber die Wahl des corpus delikti dürfte doch wohl bei mir liegen, oder? Schließlich habe ich das Mehrheitsrecht. Herr Lesof allerdings schaltete beim Anblick eines schwarzen Monstrums mit Glanzfronten völlig auf Durchzug. Ich konnte seine Gedanken in seinen Augen ablesen: spiegelt-Bett davor stellen, mhm...f*****. Und zack, hatte ich mehrere Hände am Hintern und Zungen am Hals. Ich bekam Angst: Wenn wir diesen Schrank aufstellten, würde er tzrotz der üblichen 10 Stunden Arbeitstage viagrisch auf Herrn Lesof einwirken? Hätten wir dann täglich S**? Liebe Männer, es tut mir ja leid, aber genau das ist etwas, was sich Frau ganz bestimmt nicht wünscht! Um also ständige Debatten um die Häufigkeit der ehelichen Pflicht zum umgehen mußte Herr Lesof wohl auf den Schrank verzichten. Ich hatte kurzzeitig ein schlechtes Gewissen, tröstete mich aber mit der Küche.
Planen, sägen und bohren sind so Dinge, die macht der Herr Lesof gern, Kochen auch, also darf er sich in der Küche ausleben: So lange sie hell ist, keine Hochglanzfronten hat und an eine gemütliche, englische Cottageküche erinnert. Glücklicherweise baute Ikea/EF gerade um, so daß gar keine Küchen aufgestellt waren, in deren Funktionabilität Herr Lesof sich hätte verlieben können. Ich indes verliebte mich spontan in mehrere äußerst praktische Kissen, Decken, Vasen, Grünpflanzen und Teppiche, die mir Herr Lesof mit einem schwer zu berschreibenden Blick und der Aussage "Och nö!" aber jedesmal aus meinen zittrigen Fingern nahm. Ich hatte Tränen in den Augen: Sollten wir wirklich nicht einrichtungskompatibel sein? Hieß das, das wir nie zusammen in einer Wohnung leben würden können? War denn Landhaus-look-a-like wirklich so schlimm? Oder würde ich, wenn ich nachgäbe, ständig die "Fründe" zu allen möglichen Fußballspielen in unserem Wohnzimmer vorfinden? Müßte ich die TV-Fußball-Fettbemmen in einer durchgestylten Shining-Küche schmieren? Hätte ich endlich den von mir langersehnten Ohrensessel oder müßte ich mich auf einem kombinierten Hocker/Wohnzimmertischteil zusammenrollen?
Fragen über Fragen, auf die es "irgendwann", aber sicher nicht "bald" eine Antwort geben wird. Bis dahin studiere ich erstmal den neuen Katalog
Ich fahre wirklich gern zu Ikea. Allein ich trage mindestens 95% des jährlichen Umsatzes und habe dafür von der Firmenleitung schon mehrere vergoldete Billy-Regale verliehen bekommen. Ich bin Premium-Kunde, liebe Freunde, und das nicht zuletzt auch, weil ich jeden Scheiß kaufe, Hauptsache, er ist in "birke", "ahorn" oder "antik". Mit anderen Worten, ich kaufe Frauenmöbel: hell, deko-fähig und kantenfrei.
Bisher nahm ich an, daß die anderen am Umsatz beteiligten 5% der Weltbevölkerung geschmacklich mit mir quasi in einem Poäng-Sessel sitzen. Was ich bei meinen Überlegungen und dem Besuch bei Ikea an sich allerdings nicht berücksichtig hatte, waren die Männer, die nicht nur mit zu Ikea fahren, weil das kaufrauschbeglückte Frauchen danach Liebe in der neuerstandenen Bettwäsche machen will.
Ich habe einen davon. So einen mit einem eigenen Geschmack und schlimmer noch, eigenen Einrichtungsvorstellungen, die sich - und ich wage es kaum zu sagen - noch nicht mal nur auf die Küche beziehen. Nein, Herr Lesof ist in der Lage, eine ganze Wohnung im Kopf beim Anblick eines einzigen Kleiderschrankes einzurichten. Farblich passend zum Schrank, versteht sich.
Dummerweise gehen unsere Vorstellungen bezüglich des Interiors unserer zukünftigen 4-Zimmer-Altbauwohnung etwas auseinander und das liegt nicht daran, daß so aus der Kalten heraus schwierig Aussagen über zu Parkett und Stuck passende Möbel zu machen sind.
Nein, der Grund ist geschlechterbedingt. Testosteron, liebe Leser, ist kein guter Einkausfberater!
Es fing schon beim Sofa an: Wie zur Hölle sollten sich meine "leinen"- und rattanverwöhnten Augen bitte an ein graues, kastenförmiges Riesenteil gewöhnen, dessen Sitzqualitäten stark an das Nagelbrett eines drittklassigen Jahrmarktfakirs erinnerten? Ich will mit Wollsocken, Gammelhose und einem guten Krimi auf dem Sofa lümmeln. Herr Lesof möchte auf dem Sofa sitzen und die "Zeit" lesen! In Jeans! Das Ding war so groß, das seine "Fründe" auch noch drauf Platz hätten - und zwar alle. Ich finde auch, man sollte ruhig an der Größe des Sofas sparen, wenn man dafür einen ausreichend aufnahmefähigen Kleiderschrank findet. Herr Lesof darf seine Sachen ruhig in meinem unterbringen, ein bis zwei Regalbretter würde ich ihm auch freiräumen, aber die Wahl des corpus delikti dürfte doch wohl bei mir liegen, oder? Schließlich habe ich das Mehrheitsrecht. Herr Lesof allerdings schaltete beim Anblick eines schwarzen Monstrums mit Glanzfronten völlig auf Durchzug. Ich konnte seine Gedanken in seinen Augen ablesen: spiegelt-Bett davor stellen, mhm...f*****. Und zack, hatte ich mehrere Hände am Hintern und Zungen am Hals. Ich bekam Angst: Wenn wir diesen Schrank aufstellten, würde er tzrotz der üblichen 10 Stunden Arbeitstage viagrisch auf Herrn Lesof einwirken? Hätten wir dann täglich S**? Liebe Männer, es tut mir ja leid, aber genau das ist etwas, was sich Frau ganz bestimmt nicht wünscht! Um also ständige Debatten um die Häufigkeit der ehelichen Pflicht zum umgehen mußte Herr Lesof wohl auf den Schrank verzichten. Ich hatte kurzzeitig ein schlechtes Gewissen, tröstete mich aber mit der Küche.
Planen, sägen und bohren sind so Dinge, die macht der Herr Lesof gern, Kochen auch, also darf er sich in der Küche ausleben: So lange sie hell ist, keine Hochglanzfronten hat und an eine gemütliche, englische Cottageküche erinnert. Glücklicherweise baute Ikea/EF gerade um, so daß gar keine Küchen aufgestellt waren, in deren Funktionabilität Herr Lesof sich hätte verlieben können. Ich indes verliebte mich spontan in mehrere äußerst praktische Kissen, Decken, Vasen, Grünpflanzen und Teppiche, die mir Herr Lesof mit einem schwer zu berschreibenden Blick und der Aussage "Och nö!" aber jedesmal aus meinen zittrigen Fingern nahm. Ich hatte Tränen in den Augen: Sollten wir wirklich nicht einrichtungskompatibel sein? Hieß das, das wir nie zusammen in einer Wohnung leben würden können? War denn Landhaus-look-a-like wirklich so schlimm? Oder würde ich, wenn ich nachgäbe, ständig die "Fründe" zu allen möglichen Fußballspielen in unserem Wohnzimmer vorfinden? Müßte ich die TV-Fußball-Fettbemmen in einer durchgestylten Shining-Küche schmieren? Hätte ich endlich den von mir langersehnten Ohrensessel oder müßte ich mich auf einem kombinierten Hocker/Wohnzimmertischteil zusammenrollen?
Fragen über Fragen, auf die es "irgendwann", aber sicher nicht "bald" eine Antwort geben wird. Bis dahin studiere ich erstmal den neuen Katalog
lesof - 5. Sep, 08:15
ja.
in plauen gabs ja weit und breit keinen...
aber hier gleich 2 in unmittelbarar umgebung.
So pflegeleicht sie Dir angesichts Deines Stresses mit einem Mann mit eigener Meinung aber vorkommen, diese völlig designresistenten Individuen wie ich schaffen es, 7 Jahre in einer Wohnung mit einem Stoffschrank aus dem Baumarkt zu hausen und dabei nichts zu vermissen *g*. Glaub mir, das würd Dich noch viel mehr entsetzen.
Also streitet schön, und wenn der Frust kurzzeitig zu gross wird, ihn einfach am Bahnhof abladen und die Vorteile einer Fernbeziehung auskosten - die Möglichkeit zum Alleinsein :)