starke Frauen?
„Frau hat`s nicht leicht als Frau, wenn sie ihren Mann stehen will!“
So oder so ähnlich muß wohl Alice Schwarzer gedacht haben, als die BILD ihr offerierte, die bundesdeutschen Bushaltestellen mit IHREM Bild und der Aussage „Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht“ verschönern zu können.
Ich mag Alice Schwarzer – ich halte sie nämlich für eine herausragende Journalistin und intelligente Frau in Personalunion. So was trifft man selten an, besieht man sich die Gazettenlandschaft um Verona Blubb, Tatjana Gsell-igkeit, Kader-Kadaver Loth und all den anderen Weibchen, deren Allgemeinwissen mit der neuen Gucci-Kollektion anfängt und beim Aufzählen sozial genetworkter A- bis C-Prominez aufhört.
Ich weiß nicht, wann Oberflächlichkeit zu einer entschuldbaren Charaktereigenschaft avanciert ist. War das schon immer so? Wahrscheinlich nicht und eigentlich sollte ich mir auch keine Gedanken um Paris Hilton-Desiderate machen, denn schließlich verkehre ich nicht in derartigen Kreisen. Und wer weiß, vielleicht hat Kader-Kadaver Loth ein Einser-Abi, Verona Blubb eine lyrische Ader und Tatjana Gsell ist in Wahrheit die illegitime Tochter von Lady Diana und Jean Paul Sartre und vereint beider bester Eigenschaften?
Was mir allerdings bitter aufstößt, ist die zunehmende Oberflächlichkeit in Bereichen, in denen ich so wildere – der 0/8/15 arbeitenden Bevölkerung eben. Man verstehe mich nicht falsch, ich habe auch nicht immer Lust auf tief schürfende Gespräche über Gott, Klimawandel und Leitzinserhöhungen, aber irgendwie gewinne ich den Eindruck, daß es zunehmend schicker wird, dumm und oberflächlich zu sein.
Ich mache mir ernsthafte Sorgen über diese neue Frauenkollektion, die dank diverser, bunter Boulevardmagazine nächsthin die sozialen Laufstege zu erobern gedenkt. Es scheint einfacher zu sein, sich anzupassen, als den Mund aufzumachen. Es scheint einfacher zu sein, keine Meinung zu haben als einen Standpunkt. Es scheint einfacher zu sein, gar nichts zu sein.
Gar nichts sein schließt nämlich negative Zuordnungen aus. Paris Hilton, Gott, ja, sie ist doof, aber das ist ja noch lange nicht so schlimm wie so ne „Emanze“ vom Schlage Alice Schwarzers... Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Was sind dann Frauen, die den Mund aufmachen, die zusehen, daß sie – auf gut deutsch – mit dem Arsch an die Wand kommen?
Glücklicherweise hat man dafür den Begriff „starke Frauen“ erfunden. Eine euphemistisch gemeinte Begriffszuordnung, die viele Männer erzittern lässt, weil sie dummerweise neben einer bestimmten Autarkie auch Härte, wenn nicht gar Zickigkeit und stundenlange Befindlichkeitsdiskussionen implizieren mag: die „starke Frau“ als domestizierte, gerade noch zu ertragende Variante einer Emanze eben.
Ich bin keine „starke Frau“ und ich habe es satt, als solche bezeichnet zu werden. Es adelt nicht, es bringt bloß Probleme. Probleme, die oberflächliche Frauen nicht haben. Die sind einfach nur so da, wie sie sind, leben ein bisschen und das nicht schlecht und machen sich keinen Kopf über morgen und übermorgen. Wenn man doof ist, kann man sich alles erlauben, quittiert es mit einem niedlichen Lächeln und macht weiter wie bisher. Beneidenswert! Und zwar deshalb, weil doof doof ist und „stark“ die Umetikettierung der Büchse der Pandorra.
So sehr starke Frauen sich beruflich zu behaupten vermögen, spätestens hinter der Wohnungstür hört genau das auf. Ist Frau dort freiwillig auf dem ausgleichenden Mutter-Beimer-Trip, Handarbeiten und Staub fangenden Hinstellschnickschnack inbegriffen, so sehr wird sie bei einem derartigen Outing belächelt und mit „DAS hätte ich ja GAR NICHT von dir erwartet“ bedacht. Zieht sie ihre Linie auch im Privaten durch, dann ist sie beziehungsunfähig, karrieregeil und avanciert zur Wixvorlage der „strengen Geschäftfrau mit Brille und Dutt“. Ist sie keines von beidem, dafür aber nach dem Job zu ausgelaugt, den Haushalt, die Steuererklärung und den anstehenden Kindergeburtstag zu erledigen, dann sollte sie sich, aber bitte schön, mal ein paar Gedanken über die Prioritäten machen. „Entweder-oder“ heißt die Devise und bitte dabei immer brav gut gelaunt sein, die letzten Kraftreserven gleichberechtigt verteilen und nicht vergessen, daß die Familie das A und O ist.
Ganz ehrlich: Irgendwer zahlt immer drauf und meistens ist das die Frau. Da ist es nahe liegend, daß Frau auf Schadensbegrenzung aus ist und die fängt beim hauseigenen Geschlechtsantagonisten an. Wie oft ich schon – querbeet durch meine Beziehungen – kaputt von der Arbeit kam und angerüffelt wurde, weil ich mich nicht SOFORT in eine dauergeile, hellwache und vor Liebe überschäumende heilige Hure verwandelt habe, geht auf keine Kuhhaut und findet auch keinen Platz auf den 15 Rückseiten wartender Steuererklärungen. Da ich aber eine starke Frau bin, verschwinde ich einfach mal früher von der unwichtigen Arbeit, koche ein Drei-Gänge-Menü, schmeiß mich in Schale und über vor dem Spiegel laszive Blicke, von denen ich der Meinung bin, daß sie aber eher wie „heute Abend hab ich mich extra für dich frei gemacht, morgen und übermorgen und überübermorgen bin ich aber wieder out-of-order. BITTE entschuldige!“ aussehen.
Ich hab` satt! Ich möchte endlich mal das machen, was ICH will – ohne daß ich dafür irgendwem Rechenschaft schuldig bin und ohne Rollenbezeichnung. Ich möchte doof sein, nur so ein bißchen. So viel,daß es ausreicht,mir keine Gedanken über vernachlässigte Kinder, Lebensgefährten und mich zu machen! Und das ist meine Wahrheit!
So oder so ähnlich muß wohl Alice Schwarzer gedacht haben, als die BILD ihr offerierte, die bundesdeutschen Bushaltestellen mit IHREM Bild und der Aussage „Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht“ verschönern zu können.
Ich mag Alice Schwarzer – ich halte sie nämlich für eine herausragende Journalistin und intelligente Frau in Personalunion. So was trifft man selten an, besieht man sich die Gazettenlandschaft um Verona Blubb, Tatjana Gsell-igkeit, Kader-Kadaver Loth und all den anderen Weibchen, deren Allgemeinwissen mit der neuen Gucci-Kollektion anfängt und beim Aufzählen sozial genetworkter A- bis C-Prominez aufhört.
Ich weiß nicht, wann Oberflächlichkeit zu einer entschuldbaren Charaktereigenschaft avanciert ist. War das schon immer so? Wahrscheinlich nicht und eigentlich sollte ich mir auch keine Gedanken um Paris Hilton-Desiderate machen, denn schließlich verkehre ich nicht in derartigen Kreisen. Und wer weiß, vielleicht hat Kader-Kadaver Loth ein Einser-Abi, Verona Blubb eine lyrische Ader und Tatjana Gsell ist in Wahrheit die illegitime Tochter von Lady Diana und Jean Paul Sartre und vereint beider bester Eigenschaften?
Was mir allerdings bitter aufstößt, ist die zunehmende Oberflächlichkeit in Bereichen, in denen ich so wildere – der 0/8/15 arbeitenden Bevölkerung eben. Man verstehe mich nicht falsch, ich habe auch nicht immer Lust auf tief schürfende Gespräche über Gott, Klimawandel und Leitzinserhöhungen, aber irgendwie gewinne ich den Eindruck, daß es zunehmend schicker wird, dumm und oberflächlich zu sein.
Ich mache mir ernsthafte Sorgen über diese neue Frauenkollektion, die dank diverser, bunter Boulevardmagazine nächsthin die sozialen Laufstege zu erobern gedenkt. Es scheint einfacher zu sein, sich anzupassen, als den Mund aufzumachen. Es scheint einfacher zu sein, keine Meinung zu haben als einen Standpunkt. Es scheint einfacher zu sein, gar nichts zu sein.
Gar nichts sein schließt nämlich negative Zuordnungen aus. Paris Hilton, Gott, ja, sie ist doof, aber das ist ja noch lange nicht so schlimm wie so ne „Emanze“ vom Schlage Alice Schwarzers... Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Was sind dann Frauen, die den Mund aufmachen, die zusehen, daß sie – auf gut deutsch – mit dem Arsch an die Wand kommen?
Glücklicherweise hat man dafür den Begriff „starke Frauen“ erfunden. Eine euphemistisch gemeinte Begriffszuordnung, die viele Männer erzittern lässt, weil sie dummerweise neben einer bestimmten Autarkie auch Härte, wenn nicht gar Zickigkeit und stundenlange Befindlichkeitsdiskussionen implizieren mag: die „starke Frau“ als domestizierte, gerade noch zu ertragende Variante einer Emanze eben.
Ich bin keine „starke Frau“ und ich habe es satt, als solche bezeichnet zu werden. Es adelt nicht, es bringt bloß Probleme. Probleme, die oberflächliche Frauen nicht haben. Die sind einfach nur so da, wie sie sind, leben ein bisschen und das nicht schlecht und machen sich keinen Kopf über morgen und übermorgen. Wenn man doof ist, kann man sich alles erlauben, quittiert es mit einem niedlichen Lächeln und macht weiter wie bisher. Beneidenswert! Und zwar deshalb, weil doof doof ist und „stark“ die Umetikettierung der Büchse der Pandorra.
So sehr starke Frauen sich beruflich zu behaupten vermögen, spätestens hinter der Wohnungstür hört genau das auf. Ist Frau dort freiwillig auf dem ausgleichenden Mutter-Beimer-Trip, Handarbeiten und Staub fangenden Hinstellschnickschnack inbegriffen, so sehr wird sie bei einem derartigen Outing belächelt und mit „DAS hätte ich ja GAR NICHT von dir erwartet“ bedacht. Zieht sie ihre Linie auch im Privaten durch, dann ist sie beziehungsunfähig, karrieregeil und avanciert zur Wixvorlage der „strengen Geschäftfrau mit Brille und Dutt“. Ist sie keines von beidem, dafür aber nach dem Job zu ausgelaugt, den Haushalt, die Steuererklärung und den anstehenden Kindergeburtstag zu erledigen, dann sollte sie sich, aber bitte schön, mal ein paar Gedanken über die Prioritäten machen. „Entweder-oder“ heißt die Devise und bitte dabei immer brav gut gelaunt sein, die letzten Kraftreserven gleichberechtigt verteilen und nicht vergessen, daß die Familie das A und O ist.
Ganz ehrlich: Irgendwer zahlt immer drauf und meistens ist das die Frau. Da ist es nahe liegend, daß Frau auf Schadensbegrenzung aus ist und die fängt beim hauseigenen Geschlechtsantagonisten an. Wie oft ich schon – querbeet durch meine Beziehungen – kaputt von der Arbeit kam und angerüffelt wurde, weil ich mich nicht SOFORT in eine dauergeile, hellwache und vor Liebe überschäumende heilige Hure verwandelt habe, geht auf keine Kuhhaut und findet auch keinen Platz auf den 15 Rückseiten wartender Steuererklärungen. Da ich aber eine starke Frau bin, verschwinde ich einfach mal früher von der unwichtigen Arbeit, koche ein Drei-Gänge-Menü, schmeiß mich in Schale und über vor dem Spiegel laszive Blicke, von denen ich der Meinung bin, daß sie aber eher wie „heute Abend hab ich mich extra für dich frei gemacht, morgen und übermorgen und überübermorgen bin ich aber wieder out-of-order. BITTE entschuldige!“ aussehen.
Ich hab` satt! Ich möchte endlich mal das machen, was ICH will – ohne daß ich dafür irgendwem Rechenschaft schuldig bin und ohne Rollenbezeichnung. Ich möchte doof sein, nur so ein bißchen. So viel,daß es ausreicht,mir keine Gedanken über vernachlässigte Kinder, Lebensgefährten und mich zu machen! Und das ist meine Wahrheit!
lesof - 13. Jul, 21:34
Vielleicht würde doof STELLEN ja auch reichen ;-)?
Grüße aus der Gruft vom
Zombienchen
ich möchte mal einfach so sein...so ohne nachdenken. einfach nur mal machen und nicht nachdenken...
"Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwerer." [Kurt Tucholsky]