zoon politikon vs. homo socialis

Donnerstag, 3. August 2006

fidel, der sturm in der bacardi-flasche und das leben nach der revolution

nun ist es also amtlich: der welt lustigster diktator nach kim il sung verabschiedet sich in den verdienten ruhestand.
ich bin traurig, bemerke ich doch eine zunehmende personelle und damit auch ideologieverbreitende verflachung der weltpolitik. erst wurde mir mit dem tod meines lieblingstischdeckenträgers yassir arafat die grundlage für meine politischen ambitionen genommen, danach beschloß die sinn fenn fürdahin nur noch irische butter herstellen und schafswollpullover stricken zu wollen, statt auf lustige protestantenjagd zu gehen und zuguterletzt knabbere ich immer noch am tod meines erklärten lieblingspapstes nach mr. moralin franz josef wagner.
gerade zu fidel verband mich ja eine gaaaanz enge beziehung. meine sprallerten eltern nämlich hatten mir - der damals frischgeborenen - ein bildchen castros und guevaras zur frühkindlichen indoktrinierung über mein gitterbettchen gehängt. wahrscheinlich beabsichtigten sie, mir über die bilder dieser beiden jesuesken freiheitskämpfer vor augen zu führen, daß es mit dem richtigen willen durchaus möglich ist, die ketten der fron abzustreifen - im dem fall die der gitterbettstäbe. klappte auch ganz gut, wie die narbe über meinem linken auge heute noch beweist.
später -als ich mein eigenes zimmer hatte und meine mutter mir aus bis heute nicht erklärbaren gründen eine raffaelische madonna übers bett pinnte - übernahm die schule eine weiterführung, ja internalisierung, weltrevolutionären, sozialistischen gedankengutes in form kindgerechter prosaierung des lebens des "commandante en jefe" fidel. ich sah mich daher schon im zarten alter von zehn jahren in der lage, fachgerecht über revisionismus, maoismus, den sozialimperialismus der sowjetunion und überhaupt der richtigen auslegung der klassiker unter besonderer berücksichtigung der kritik der politischen ökonomie diskutieren zu können - auch und gerade vor dem hintergrund der us-amerikanischen aggressionen gegen cuba.
leider verpaßte ich das alter, in welchem ich in der schule am fach "staatsbürgerkunde" teilnehmen durfte wegen der repatriierung der ostzone um ein jahr. und auch meine eltern verloren nun mit der möglichkeit, ihre biermann-platten und trotzkis gesammelte werke sichtbar ins wohnzimmerschränkchen zu stellen, den drive, sich und v.a. mir eine politisch-didaktische grundausbildung weiterhin gewähren zu wollen.
sie fanden es auch nicht mehr verwerflich, sich bacardi-rum zu kaufen und selbigen auch noch mit coca-cola zu mischen. liebe leute, es war ein einschneidendes erlebnis, flohen doch die urväter des bacardi-konzerns absichtlich vor fidel aus dem sonnigen cuba in richtung miami, gaben sie doch enorme mengen an dollar aus, um fidels idee eines sozialökonomisch funktionierenden sozialismus zu unterminieren. wie stolz wies sich dagegen der letzte verbleibende bacardi-sprößling in cuba aus, der die ihm zustehenden und auch angebotenen tantiemen für seinen namen ablehnte, um seinem jefe nicht in den rücken zu fallen. das nenn ich überzeugung!
überzeugt ist und blieb auch dame ednas ostzonale schwippschwägerin margot honecker. sah man sie doch letztens bei einer fünfstündigen rede fidels in havanna begeistert beifall klatschen. ich nehme zudem an, sie hatte einen braingefuckten orgasmus. während sich grebes dörte also zu andreas baader selbst bespaßt, scheint es für unsere ehemalige erziehungsministerin (der wir übrigens das lesen von fidels vita und den umständen des batista-sturzes genauso zu verdanken haben wie das basteln von solidaritätswandzeitungen für mozambique. die beste bekam eine erwähnung auf dem mittwöchlichen fahnenappell und eine urkunde von der patenbrigade...) uns fidel zu sein. nun ja, warum auch nicht, schwingt bei ihm doch eine aura von verwegenheit und tollkühnheit mit. diese brüche in seinem leben... vom sohn des großgrundbesitzers zum streikorganisator in der familieneigenen firma, vom jesuitenkollegschüler zum mitplanenden des putsches gegen den diktator der dom.rep., vom dr. jur. zum staatschef ex legis. und das alles gepaart mit sozialistisch fair-gerollten zigarren. donnerwetter...
sätze wie: x: "brauchen sie eine kugelsichere weste?", fidel: "ich brauche so etwas nicht, ich trage eine panzerweste aus moral! " zeugen doch schließlich von einem berauschenden charisma, oder nicht? wen wunderts da noch, daß auch unsere brüder und schwestern hinter dem antifaschistischen schutzwall so gerne dem sexiesten berufsrevolutionär nach jesus christus mittels vielfach zu verwendender demo-plakate ihren tribut zollten.ich bin der überzeugung, daß, wenn fidels name nur ein bißchen melodiöser gewesen wäre, die gegen die institutionen anrennenden studenten statt "ho-ho-chi-min" zu skandieren, seinen benutzt hätten. da verwett ich alle meine mao-bibeln drauf!
nun ja, aus die maus: fidel geht jetzt in rente. ich frage mich nur, was er, der schon in den sechzigern der meinung war, daß revolutionäre nie in den ruhestand gehen, nun mit seiner freien zeit anfängt.
vielleicht fährt er erstmal in die usa - incognito versteht sich - und besucht eisenhowers grab. der hatte ihn schließlich nach dem sturz batistas nicht empfangen wollen (gerüchteweise war er wohl golf spielen) und schickte seinen vize nixon vor. da kniet sich dann der fidel hin, auf den patriotischen boden von arlington, und zeigt dem ike den stinkefinger: "ätsch, du sack, jetzt kannste nicht mehr abhauen. warte mal, ich guck noch schnell bei johnson und kennedy vorbei und vergleiche, wer die größere grabplatte hat. der mittelmäßige bandit (johnson) oder der intelligente (kennedy)..."
natürlich fährt der fidel auch nach disney-world, um sich dort ideen für den in cuba geplanten sozialistischen spaß- und themenpark zu holen. "willkommen in fidel-land. links hinter dem eingang finden sie eine orginalgetreue nachbildung des bolivianischen dschungels und der klitsche, in der che aufgebahrt wurde. dort auch der brief, in dem il commandante aleida guevara den tod ihres vaters mitteilt.achten sie bitte auf die revolutionäre inbrunst, mit welcher der brief geschrieben wurde. ist doch che schließlich für die revolution gestorben. eigenen aussagen zufolge, tröstet aleida dieser satz bis heute, vor allem, wenn sie in ihrem amerikanischen exil junge menschen in t-shirts mit dem konterfei ihres vaters sieht. rechter hand haben sie die möglichkeit, die invasion in der schweinebucht nachspielen zu können. wir haben keine kosten und mühen gescheut,politische gefangene dazu zu zwingen, sich als amerikaner zu verkleiden und zur verfügung zu stellen. bitte fühlen sie sich nicht genötigt, auf das humankapital rücksicht zu nehmen und leben sie sich aus. es sind doch schließlich volksverräter in feindlichen uniformen. das gehört zu deren resozialisierungsprogramm... "
vielleicht bewirbt sich fidel aber auch für die derzeit im deutschen fernsehen laufende show, in der alte männer eine familie suchen, in der sie die opa-rolle übernehmen wollen. kann ich mir ganz lustig vorstellen - so ein fidel als opa. "du, opa fidel, der sören aus der 3 a hat mich wieder verkloppt." "nun, mein junge, da geb ich dir mal dieses buch hier, es stammt von meinem alten kameraden che und heißt "strategie und taktik des guerillakampfes"...
mir persönlich bliebe noch zu raten, endlich diesen grünen anzug auszuziehen. auf die dauer kommt das nicht sooo gut im entmilitarisierten deutschen fernsehen. auch so wegen eventueller ständiger vorhaltungen wegen des lebens vorher. der deutsche will ja schnell vergessen und lieber fidel, mit dem satz "la historia me absolverá " (die geschichte wird mich freisprechen) kommst du hier maximal in die nächste wahlversammlung der npd rein. die würden sich, zugegeben, freuen. während nämlich deine schriften und portraits in den kellern der 68er vergammeln, adoptiert dich gerade die rechte. und das nur, weil du ein problem mit bacardi und coca-cola hast - ums jetzt mal vereinfacht auszudrücken...
ich für meinen teil werde zukünftig meine revolutionären restenergien im bei-rot-über-ampel-laufen und nicht-gez-gebühren-zahlen ausleben.

in diesem sinne: vive la muerte-vive la revolution!

Dienstag, 18. April 2006

rare fundstücke

eben ausgegraben und tatsächlich so gewesen:

Sch: hallo, hier ist schmidt.
h: guten abend herr schmidt, hier ist honecker.
sch: ich freue mich, daß ich sie noch erwische. ich dachte, sie würden möglicherweise morgen früh auf reisen gehen.
h: nein, nein. morgen früh bin ich in berlin. ich habe also vorhin gehört, daß sie den wunsch haben...
sch: es ist schlecht zu verstehen, könne sie mal an ihrem mikrofon wackeln.
H. ich meine, es paßt ausgezeichnet jetzt.
sch: bitte?
h: ich meine, es paßt ausgezeichnet jetzt.
sch: es paßt sehr gut. ich sage, ich kann sie schlecht verstehen. könne sie mal an ihrem mikrofon wackeln?
h: mal sehen. geht es jetzt?
sch: etwas besser. darf ich mal loslegen?
h: ja bitte ..., herr schmidt?
sch: ja
h: zuerst möchte ich ihnen mal vergewissern, daß selbstverständlich zu keiner zeit es mir unangenehm war, wenn sie hier anriefen. sollten sie irgendwann mal diesen eindruck bekommen haben, so ist das nicht zutreffend.
sch: nein, der eindruck ist nicht entstanden.
h: bloß damit sie es verstehen. also zu keinem augenblick war mir das unangenehm.
sch: nein, herr honecker, der eindruck ist nicht entstanden, ich hatte nur mal gesagt, ich bin immer derjenige, der anruft, sie könnten auch mal anrufen.
h: ja ja, natürlich. beim letzten mal wollte ich ja anrufen, da kamen sie mir zuvor.

irgendwie kommt mir so ein dialog bekannt vor...

Sonntag, 15. Januar 2006

liebknecht und luxenburg

heute ist der 15.1. - todestag von luxenburg und liebknecht. keiner weiß es, es sein denn man ist hochgradig aktiv in der linkspartei. und das genau ist das problem. dank der total verwurstung dieser beiden menschen während der ddr nimmt heute jeder an, kalle und rosa wären rudimente einer längst vergangenen zeit und noch nicht mal gute. irrtum meine lieben: hätte es den karl nicht gegeben, dann gäb es auch keine spd (sehen wir an dieser stelle mal ganz generell von parteiprogrammen ab) und die rosa, tja, die hat ihren beitrag zur emanzipation hervorragend geleistet und ist davon mal abgesehen politisch absolut lesenwert.
rum wie ´num: die linkspartei latscht nach lichtenfelde auf den friedhof (dankenswerterweise errichtete die ddr ja das von den nazis geschliffene denkmal wieder. an dieser stelle nette grüße an prof. john) und jeder denkt, da werden die helden der vergangenheit hoffiert. mich ärgert das so maßlos, diese immer noch instrumentalisierung von der politischen linken und umgekehrt auch von den etablierten parteien zu ungunsten der beiden. wo war denn die spd? für die gibts wohl nur lasalle. widerlich.

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Naja, die kommentare...
Naja, die kommentare lese ich meist eher nicht so....
kraM - 12. Jun, 16:05

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